Handschriftliches Testament richtig verfassen – von Fachanwalt Erbrecht, Wiesbaden, Dr. Stefan Günther
Ein handschriftliches Testament besitzt, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, dieselbe Wirksamkeit wie andere Formen der letztwilligen Verfügung (notarielles Testament, Erbvertrag). Die gesetzlichen Voraussetzungen des handschriftlichen Testaments im Sinne von § 2247 BGB sind:

  1. Es muss vom Erblasser komplett eigenhändig – nicht maschinenschriftlich oder am Computer – verfasst werden
  2. Eine Fotokopie ist kein handschriftliches Testament
  3. Zeichnungen, Pfeile, Striche sind nicht ausreichend
  4. Das handschriftliche Testament muss eindeutig einen Testierwillen erkennen lassen. Belanglose Versprechungen in einem Brief reichen dafür nicht aus
  5. Die Erteilung einer Vollmacht ist kein Testament, sondern begründet lediglich ein Auftragsverhältnis, ggf. über den Tod hinaus für den Erblasser handeln zu dürfen
  6. Die letztwillige Verfügung muss nicht zwingend in der deutschen Sprache abgefasst werden. Aber der Erblasser muss die fremde Sprache nachweislich verstehen können
  7. Eine unterstützende Schreibhilfe (Halten oder Abstützen der Hand) ist zulässig
  8. Bei einem sog. Berliner Testament muss ein Ehegatte das Testament handschriftlich verfassen, beide müssen es aber unterschreiben
  9. Datum und Ort des handschriftlichen Testaments sollten angegeben werden, um ggf. späteren Testamenten Vorrang einzuräumen

Typische Fehler bei der Anfertigung von einem handschriftlichen Testament sind:
Die Unterschrift schließt den Text der letztwilligen Verfügung nicht ab, sondern steht irgendwo am Rand
Es ist keine Unterschrift zu erkennen, sondern es liegt eine Selbstbezeichnung vor, d.h. es folgt der Name mit einer Bezeichnung der Anschrift, Ergänzungen, Nachträge im handschriftlichen Testaments sind nicht unterschrieben.

Gefahren beim handschriftlichen Testament
Eines der größten Gefahren beim handschriftlichen Testament ist der erforderliche Nachweis der Eigenhändigkeit (§ 2247 BGB) und genau an dieser Stelle ist es gegenüber einer notariellen Verfügung im Nachteil. Zwar steht es neben dieser Testamentsform auf gleicher Ebene. Wer aber aus der letztwilligen Verfügung im Erbscheinsverfahren Rechte herleiten will, muss unter Umständen – bei entsprechendem Vortrag der Gegenseite – beweisen, dass das Testament vom Erblasser angefertigt wurde. Im gerichtlichen Verfahren gilt diese Testamentsform als Privaturkunde im Sinne von § 416 ZPO. Das Gericht wird im Streitfall, aufgrund fehlender eigener Sachkenntnis, einen Sachverständigen mit der Anfertigung eines Schriftgutachtens erstellen.

Um seinem Auftrag zur Schriftvergleichung (§ 441 ZPO f.) nachkommen zu können, bedarf der Sachverständige zunächst einer ausreichenden Fülle an handschriftlichem Vergleichsmaterial, um einen formellen Bezug zum streitgegenständlichen Testament herstellen zu können. Gerade bei einem nachfolgenden Umzug in ein Altenheim wird die Voraussetzung schwer zu erfüllen sein, da erfahrungsgemäß der komplette Hausstand aufgelöst wird. Liegen die letzten handschriftlich verfassten Dokumente mehr als 1-2 Jahre, bezogen auf den Zeitpunkt der Errichtung des Testaments zurück, wird der Antragsteller beweisfällig bleiben. D.h. das Testament wird nicht als „gültig“ anerkannt werden.

Deshalb kann nur dringend dazu geraten werden, zumindest die Unterschrift notariell beglaubigen zu lassen (§ 416 ZPO). In diesem Fall kann zumindest kein Streit darüber entstehen, ob der Erblasser die Verfügung unterschrieben hat.

Unabhängig von den Hürden in Bezug auf den möglichen Nachweis der Echtheit des handschriftlichen Testaments sollte eine Hinterlegung beim zuständigen Nachlassgericht durchgeführt werden. Andernfalls droht der Fall, dass das Testament im Todesfall keine Beachtung findet. Zusammengefasst gibt Fachanwalt für Erbrecht, Dr. Stefan Günther, Wiesbaden folgende Hinweise:

Die Unterschrift des handschriftlichen Testaments sollte immer notariell beglaubigt werden
Wegen der großen Unsicherheit soll diese Testamentsform nur in den Fällen gewählt werden, bei denen kein gerichtlicher Streit über die Erbfolge zu erwarten ist
Die Hinterlegung beim zuständigen Nachlassgericht ist dringend geboten
Die Ehegatten sollten in einem handschriftlichen Berliner Testament klar regeln, welche der Erklärungen wechselbezüglich, d.h. bindend sein sollen. Das ist immer dann von Bedeutung, wenn als Schlusserben keine leiblichen Kinder eingesetzt sind

 

 

 

 

 

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Dr. Stefan Günther

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