BGH lässt gegenüber Bank zum Nachweis des Erbes ein privatschriftliches Testament zu
In einer aktuellen Entscheidung vom 05. April 2016, Az: XI ZR 440/15, hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung zum Nachweis der Erbberechtigung fortgesetzt. Demnach ist nunmehr auch bei einem privatschriftlichen Testament – sofern dieses eindeutig und nicht offensichtlichen Zweifeln ausgesetzt ist – kein gesonderter Erbschein notwendig. Bislang bezog sich der Weg der geänderten Rechtsprechung zur Notwendigkeit eines Erbscheines lediglich auf notariell angefertigte letztwillige Verfügungen. In diesem Zusammenhang hatte der BGH bereits im Jahr 2005 seine ursprüngliche Rechtsprechung aufgegeben (BGH vom 07. Juni 2005, Az: XI ZR 311/04).
Im nun entschiedenen Fall waren die beiden einzigen in Betracht kommenden Erben zwei Geschwister, die als Schlusserben ihrer Eltern eingesetzt waren. Um in den Genuss der schuldbefreienden Rechtswirkungen der §§ 2366, 2367 BGB zu kommen, bestand die Bank trotz klarer Erbfolge auf der Vorlage eines Erbscheins. Hierfür fielen Kosten in Höhe von über 1700,00 EUR an, die dann von den beiden Erben durch alle Instanzen hinweg erfolgreich beim Geldinstitut zurückgefordert wurden.
Nach Auffassung des BGH rechtfertige das öffentliche (notarielle) Testament im Verhältnis zwischen dem Kunden und der Bank diesem eine unwiderlegbare Vermutung bezüglich des Nachweises der Erbfolge beizumessen.Schließlich kann das öffentliche Testament nur durch einen Notar errichtet werden (§ 2231 Nr. 1 BGB, § 20 BNotO). Hierbei fällt die rechtskundige Beratung (§§17, 30 BeurkG) ins Gewicht, überdies wird es grundsätzlich in amtliche Verwahrung genommen. Als öffentliche Urkunde begründet das notarielle Testament den vollen Beweis des beurkundeten Vorganges und der darin bezeugten Tatsachen (§ 418 Abs. 1 ZPO). Demgegenüber hat im Verhältnis Kunde zur Bank das eigenhändig, handschriftlich verfasste Testament diese Vermutungswirkung nicht. Bei ihm können sich die Gefahren der Rechtsunkenntnis, unklarer Formulierungen, des Urkundenverlusts sowie Fälschungen verwirklichen. Diese Unterschiede und die schwächere Rechtswirkung des eigenhändigen Testaments würden jedoch keine Regel rechtfertigen, nach der in diesem Fall zum Erbnachweis immer eine Erbschein beansprucht werden kann.
Nach Auffassung des BGH ist es daher eine Frage des Einzelfalles, ob die Bank berechtigt ist, einen Erbschein zu verlangen. Ist die Rechtslage eindeutig, d.h. ist z.B. nur ein einziges Kind im handschriftlichen Testament aufgeführt, wird nach der geänderten Rechtsprechung seitens der Bank von der Forderung nach Vorlage eines Erbscheines künftig Abstand genommen werden müssen. Anders dürfte es sich bei streitigen Erbfällen, z.B. mit mehreren in Betracht kommenden Erben verhalten. Hier wird weiterhin ein Anspruch der Bank auf Vorlage eines Erbscheins zu bejahen sein.