Keine Prüfung der Vaterschaft im Erbscheinsverfahren

Das OLG Frankfurt hat in seiner Entscheidung vom 22. 09.2016, Az: 20 W 59/14 klargestellt, dass im Verfahren zur Erteilung des Erbscheins wegen der Sperrwirkung des § 1599 Abs. 1 BGB bzw. 1593 BGB a.F. keine inzidente Prüfung der Vaterschaft vorzunehmen ist. Nach Ansicht des Senats richtet sich die gesetzliche Erbfolge ausschließlich nach der gesetzlichen Verwandtschaft. Die biologische Vaterschaft ist in diesem Zusammenhang nicht maßgebend. Den Ausführungen der Beteiligten, die behaupten vom Erblasser abzustammen, ist in diesem Fall nicht nachzugehen. Im zu entscheidenden Fall lag kein Testament oder eine sonstige letztwillige Verfügung vor. Neben dem gesetzlichen Erben, der ausweislich der Geburtsurkunde von seinem Vater abstammte meldeten sich weitere Beteiligte. Sie behaupteten ebenfalls vom Erblasser abzustammen und boten die Vernehmung ihrer Mutter sowie die Vorlage von noch durchzuführenden DNA-Tests an.

 

Das OLG Frankfurt bezieht sich in der Ablehnung der Prüfung der Vaterschaft auf die vorausgegangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.01.2013, Az. IV ZR 250/12. Darin wurde ausgeführt, dass § 1593 BGB a.F. eine Sperrwirkung für das gesamte Zivilrecht entfalte. Zwar würde – so das OLG Frankfurt – § 1599 Abs. 1 BGB eine Durchbrechung der Sperrwirkung grundsätzlich zulassen. Allerdings sei die Vorschrift in dem Sinne auszulegen, dass die Vorschrift nur in den Fällen zum Tragen kommen sollte, bei den schlechthin untragbare Ergebnisse vermieden werden sollten. Als ein solcher Fall kommt der Scheinvater-Regress in Betracht. 

Eine Ausnahme kommt nach Auffassung des OLG Frankfurt in erbrechtlicher Hinsicht nur dann in Betracht, wenn vor Einleitung eines Erbscheinsverfahrens die Vaterschaft bereits angefochten war. Der spätere Erblasser und potentiell biologische Vater aber zwischenzeitlich verstorben ist. Hierbei stimmt der Senat mit der Entscheidung des OLG Koblenz vom 11.07.2008, Az. 10 U 1271/07, überein, das dann im Erbscheinsverfahren inzident die Vaterschaft geprüft hatte. Allein aufgrund der von ihnen angenommenen biologischen Vaterschaft können die Erbprätendenten jedenfalls kein gesetzliches Erbrecht für sich beanspruchen.

Deshalb ist dringend anzuraten, sofern Zweifel an der biologischen Vaterschaft bestehen, dies zu Lebzeiten durch ein entsprechendes Anfechtungsverfahren zu klären. Eine Korrektur im Erbrecht ist nach der gegenwärtigen Rechtsprechung nicht mehr möglich.

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Dr. Stefan Günther

Rechtsanwalt &

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